Aspekte

Fate lebt von den Aspekten. Sie sind eine klare, eindeutige Methode um zu beschreiben, was deinen Charakter so interessant macht, und sind die Grundlage, auf der der Fluss der Fate-Punkte
basiert. Wenn du einen Aspekt einsetzt, dann hast du mehr Kontrolle über dein Schicksal und über die Launen deiner Würfel. Als SL reizt du Aspekte, um Geschichte und Situationen aufzubauen,
um eine Szene dramatischer zu machen oder um den Spielern ein bisschen Sand ins Getriebe zu streuen.

In Fate Core haben wir grundlegend erklärt, wie man Aspekte nutzt. Für die meisten Gruppen reicht das vollkommen aus. Wenn du aber noch ein bisschen mehr aus deinen Aspekten herausholen
willst, wenn du es gern noch etwas komplexer hättest oder wenn du einfach noch etwas anderes damit machen willst, dann lies weiter.

Aspekte ausnutzen

Fate Core sagt nicht viel zu diesem Thema. Das, was früher mal „Aspekte ausnutzen“ hieß, ist eigentlich nichts weiter als eine Sondeform des Reizens. Das ist richtig, aber das muss nicht alles sein: Vielleicht kannst du damit auch noch etwas anderes machen.

Wenn du einen Aspekt ausnutzt, gibst du einen Fate-Punkt (oder einen freien Einsatz) aus, um einen bestimmten, festgelegten Effekt zu erzielen. Dieser Effekt geht über das hinaus, was du normalerweise mit einem Aspekt bewirken könntest. Schau dir einen Aspekt an, wenn du ihn erschaffst: Könnte dieser Aspekt noch einen Spezialeffekt gebrauchen? Vielleicht kann ein Erdmagier Eins mit der Erde ausnutzen, um nicht hinzufallen oder nicht gegen seinen Willen bewegt zu werden. Oder dein übersinnlicher Detektiv könnte Psi-Schnüffler ausnutzen, um die oberflächlichen Gedanken einer Person zu lesen.

Von der Regelseite her sollte der Effekt den Fate-Punkt, den du dafür ausgibst, wert sein – also das Äquivalent von zwei Erfolgsstufen, wie immer, wenn du einen Aspekt einsetzt. So ein Effekt sollte bestimmte Auswirkung haben, wie in den Beispielen oben, und nicht nur einen festen Bonus geben. Dafür brauchst du keinen Effekt, das macht ein eingesetzter Aspekt ohnehin schon.

So ein Effekt ist ein bisschen wie ein zusätzlicher Stunt, mit dem du eine Regel verändern kannst und für den du immer zahlen musst. Auch im Hinblick auf die zusätzliche Komplexität und die erweiterten Möglichkeiten deines Charakters ist das gut vergleichbar.

Wie viele Effekte?

Wo wir gerade beim Thema Komplexität sind: Die SL sollte festlegen, wie viele Spezialeffekte ein Charakter bekommt. Es ist am einfachsten, wenn diese Regel jedem Spieler erlaubt, seinem Konzept einen Spezialeffekt hinzuzufügen. Das ist vermutlich ohnehin der Aspekt, der den Charakter am besten definiert und am meisten beeinflusst. Du kannst den SC auch mehr Spezialeffekte geben, aber wenn du ihnen zu viele gibst, dann passiert das Gleiche wie bei zu vielen Stunts: Sie werden nicht alle benutzt, und wenn zu viele Optionen im Raum stehen, werden die Spieler von der Menge der Wahlmöglichkeiten erschlagen.

Du kannst auch NSC solche Spezialeffekte geben. Am besten machst du das nur mit deinen Haupt-NSC und vielleicht einem wirklich wichtigen Neben-NSC.

Es ist auf jeden Fall sinnvoll, jedem Charakter nur einen oder höchstens zwei Spezialeffekte zu geben.

Es ist völlig in Ordnung, einem SC einen oder sogar zwei Spezialeffekte zu erlauben, ohne dass ihn diese Erweiterung der Charakterfähigkeiten etwas kostet. Diese Effekte sind etwa genauso stark wie ein normaler Aspekteinsatz, und da sie auf bestimmte Situationen beschränkt sind, kommen sie wahrscheinlich nicht so häufig zum Tragen. Wenn jemand mehr Spezialeffekte haben möchte, dann kann die SL verlangen, dass die Erholungsrate des SCs dafür gesenkt wird.

Aspekt: Immer bewaffnet
Effekt: Gib einen Fate-Punkt aus, um eine kleine, unauffällige Waffe (z. B. ein Messer oder eine Handtaschenpistole) heimlich bei dir am Körper zu tragen, selbst dann, wenn du erst vor kurzem entwaffnet wurdest.

Aspekt: Schlangenclan-Ninja
Effekt: Gib einen Fate-Punkt aus, um zu verschwinden, selbst wenn Leute dich anschauen. Du kannst dann eine Heimlichkeits-Probe machen, um dich zu verstecken.

Aspekt: Scharfäugiger Elfenspäher
Effekt: Gib einen Fate-Punkt aus, um Dinge, die bis zu zwei Kilometer weit entfernt sind, selbst bei Nacht deutlich und detailliert zu erkennen.

Aspektklassen

Wenn du einen Aspekt einsetzt, darfst du einen Wurf wiederholen oder +2 addieren. Das reicht meistens vollkommen aus, aber es hat keine Vorteile, wenn du einen Aspekt einsetzt, der in dieser Situation besonders gut passt. Es gibt auch nichts, das dich davon abhält, Aspekte einzusetzen, die nicht exakt passen. Hier kannst du Aspektklassen verwenden.

Es gibt drei Aspektklassen – abwegig, angemessen und perfekt.

Abwegige Aspekte passen nur grob zu der augenblicklichen Situation. Vielleicht möchtest du Stark wie ein Ochse bei einem Saufwettbewerb einsetzen, oder deinen Sturz aus dem zweiten Stock mit einem Müllhaufen abfangen. Du kannst einen abwegigen Aspekt nur einsetzen, um einen Wurf zu wiederholen. Das bedeutet, dass du kein höheres Ergebnis erzielen kannst als das höchstmögliche Würfelergebnis, aber du kannst damit immerhin einen richtig schlechten Wurf abfangen. Es bedeutet auch, das mehrere Einsätze von abwegigen Aspekten normalerweise nicht so richtig nützlich sind.

Ein angemessener Aspekt passt gut zur augenblicklichen Situation und braucht keine weitere Rechtfertigung. Vielleicht setzt du Schnellster Colt im Westen bei einer Schießerei ein. Oder du gehst hinter einer Betonmauer in Deckung. Du kannst einen angemessenen Aspekt einsetzen, um einen Wurf zu wiederholen oder +2 zu bekommen – wie bei einem ganz gewöhnlichen Einsatz auch.

Wenn du einen perfekten Aspekt einsetzt, dann rufen die Mitspieler „Klasse!“, kriegen leuchtende Augen oder nicken überschwänglich. Der Aspekt passt einfach perfekt zur Situation, es ist keine Frage, dass das die beste Wahl ist. Nichts motiviert deinen Charakter so sehr, den Aspekt Udru Khai hat meine Familie ermordet einzusetzen, wie der Versuch, diesen Schurken an der Flucht zu hindern. Wenn du einen perfekten Aspekt einsetzt, dann hast du bei der Aktion automatisch Erfolg und musst gar nicht erst würfeln. Falls du den Aspekt erst einsetzen möchtest, nachdem du schon gewürfelt hast, dann kannst du einen misslungenen Wurf einfach ignorieren. Sollte die Anzahl der erreichten Erfolgsstufen wichtig sein, dann geh davon aus, dass du eine Erfolgsstufe geschafft hast. Und ja, du kannst zusätzlich einen anderen Aspekt einsetzen, um einen vollen Erfolg zu erzielen, wenn das wichtig ist.

Angreifen ist hier allerdings eine Ausnahme. Wenn du jemanden angreifst und einen perfekten Aspekt einsetzt, musst du nicht würfeln. Stattdessen verwendest du einfach deine Angriffsfertigkeit +3. Das heißt, wenn du mit Gutem (+3) Kämpfen angreifst und einen perfekten Aspekt einsetzt, dann ist dein Ergebnis Fantastisch (+6). Dagegen muss sich dein Gegner verteidigen. Falls du bereits gewürfelt hast und dein Würfelergebnis niedriger ausfällt als deine Angriffsfertigkeit, erhältst du für den nachträglichen Einsatz noch immer +3 anstelle von +2.

Situationsaspekte zünden

Manche Situationsaspekte legen nahe, dass sie zerstört oder aufgebraucht werden können, z.B. eine Palette mit Propangasflaschen oder Morsche Stützpfeiler. Natürlich können solche Aspekte Einfluss auf die Erzählung haben, aber bisher gibt es dafür keine Regelmechanik. Wenn du deinen Spielern erlaubst, diese Aspekte zu zünden, dann unterscheidest du sie auch regelmechanisch von statischeren Aspekten wie Pechschwarze Dunkelheit oder Überall Deckung. Falls ein Spieler einen Situationsaspekt zünden möchte, dann muss er das ankündigen und erklären, wie er den Aspekt so verwendet, dass ihn danach niemand mehr benutzen kann. Wenn alle mit seiner Erklärung zufrieden sind, kann er den Aspekt einmal kostenlos einsetzen.

Nachdem er den Aspekt eingesetzt hat, verschwindet der Aspekt und die Situation verschlechtert sich oder wird zumindest ein gutes Stück gefährlicher. Wenn ein Aspekt gezündet wird, entsteht ein neuer Situationsaspekt. Dieser neue Aspekt spiegelt wider, wie der alte zerstört wurde und was dabei alles kaputt gegangen ist. Es ist nicht in Ordnung, diese Palette mit Propangasflaschen zu zünden und danach durch Langweilige Brandflecke zu ersetzen. Der neue Aspekt sollte eindrucksvoll, auffällig und zerstörerisch sein, z.B. Das Gebäude steht in Flammen oder Die Decke stürzt ein! Der neue Aspekt sollte die Dinge für alle unsicherer machen und immer eine direkte Bedrohung darstellen.