Mantel-und-Degen-Duelle

Mantel-und-Degen-Geschichten sind voll mit cinematischer, heldenhafter Action, und genau das liegt Fate Core sehr am Herzen – das ist einfach die Natur des Spiels. Doch solche filmreifen Kämpfe Mann gegen Mann zwischen unserem Helden und einem heimtückischen Schurken bestehen so gut wie immer aus viel Hin und Her zwischen ihnen, bevor einer der beiden einen satten Treffer landet. In der Zwischenzeit tauschen sie gewitzte Schlagfertigkeiten oder bissige Beleidigungen aus, schwingen sich von Kronleuchtern, springen von Balustraden, schlagen ihre Gegner mit ihren Umhängen oder tausend andere Dinge. Schau dir D’Artagnan und Jussac in Die Drei Musketiere an, Errol Flynn und Basil Rathbone in Robin Hood, König der Vagabunden von 1938, Cyranos mit Poesie gespicktes Duell mit Valvert in Rostands Cyrano de Bergerac oder Luke Skywalkers und Darth Vaders Duell in Das Imperium schlägt zurück.

In Fate Core kannst du Vorteile erschaffen und solche Konflikte dadurch ziemlich gut abbilden. Allerdings wollen die meisten Spieler ihren Gegner möglichst schnell und effizient ausschalten, vor allem, wenn keine anderen SC anwesend sind und sie keinen Grund sehen, Situationsaspekte zu erschaffen. Diese Regelvariante hier soll die Spieler dazu bringen, in einem Konflikt andere Fertigkeiten als Kämpfen zu benutzen, und der Auseinandersetzung mehr Farbe geben. Für Duelle Mann gegen Mann benutzen wir eine Regel, bei der es darum geht, wer im Kampf die Oberhand hat. Nur der Duellant, der die Oberhand hat, kann mit einer Fertigkeit angreifen und Schaden verursachen. Der andere Duellant kann durchaus andere Aktionen ausführen, aber er kann nicht angreifen – bis natürlich er die Oberhand gewinnt.

Aber wie bekommst du die Oberhand? Du musst einen vollen Erfolg mit einer Fertigkeit schaffen, mit der du in einem körperlichen Konflikt keinen Schaden anrichten kannst (also nicht mit Kämpfen oder Schießen oder dem entsprechende Äquivalent in eurem Spiel). Sobald ein Kämpfer einen vollen Erfolg mit so einer Fertigkeit schafft, gewinnt er die Oberhand. Das ersetzt das normale Ergebnis, das du beim Einsatz der Aktion für einen vollen Erfolg bekommen würdest, also den Schub oder den zusätzlichen freien Einsatz. Du kannst festlegen, ob du das normale Ergebnis eines vollen Erfolgs nehmen willst oder ob du die Oberhand bekommst, aber nicht beides.

Verwende irgendeinen Marker, der anzeigt, wer gerade die Oberhand hat. Dieser Marker sollte etwas sein, das leicht hin und her gereicht werden kann, z. B. eine Münze, ein kleines Cocktailschwert aus Plastik, eine Karteikarte mit einer Hand darauf oder ein Fechthandschuh. Hauptsache, eure Gruppe hat Spaß daran.

Zu Beginn eines körperlichen Konflikts zwischen zwei (und nur zwei) Kontrahenten bestimmst du die Reihenfolge zunächst auf die übliche Weise. Wenn ihr hier einen Fertigkeitswurf verwendet und einer der beiden Duellanten einen vollen Erfolg erzielt, dann hat er gleich zu Beginn des Konflikts die Oberhand – er hat den anderen überrumpelt.

Danach können die Kämpfer in jeder Runde eine der folgenden Aktionen ausführen:

  • Angreifen, wenn sie die Oberhand haben.
  • Versuchen, die Oberhand zu gewinnen, wenn das nicht der Fall ist.
  • Etwas anderes: Einen Situationsaspekt entfernen, versuchen, dem Konflikt zu entkommen, und so weiter.

Es empfiehlt sich, dass du die Variante Kein Stress (siehe Seite 62) mit diesen Regeln verwendest. Ansonsten lauft ihr Gefahr, dass sich der Kampf hinzieht statt richtig zu rocken.

Dekka ist eine Imperiale Gesetzeshüterin von Porthos V. Sie hat ihren Erzfeind Xoren, den hinterhältigen Cyborg und Möchtegern-Räuber des Himmlischen Throns, mitten in der Krönungszeremonie gestellt. Beide sind Meister der Photonenklinge und haben das in der Vergangenheit viele Male unter Beweis gestellt. Ihre Hightech-Waffen erwachen mit einem urheberrechtlich geschützten Brummen zum flackernden Leben. Es geht los.

Dekka gewinnt die Initiative mit +5 im Vergleich zu Xorens +3. Das ist ein Erfolg, aber kein voller Erfolg. Sie beginnt den Kampf mit ein bisschen Geplänkel und hofft, mit Empathie einen seiner Aspekte zu entdecken. „Was ist dein Problem, Xoren? Hast du irgendwo in deiner Neuromatrix einen Algorithmus, der dich böse macht? Oder glaubst du tatsächlich, dass du Erfolg mit deinem Plan haben wirst?“ Sie erzielt eine +6, während Xoren nur +2 schafft. Ein voller Erfolg!

„Böse?“, speit er ihr entgegen. „Verbringe nur einen Tag als Cyborg in den Ruinen dieses elenden Imperiums, und du wirst begreifen, was das wahre Böse ist!“ Sie entdeckt den Aspekt Alle sollten leiden für meinen Schmerz! und entscheidet sich, die Oberhand zu gewinnen statt einen zusätzlichen freien Einsatz zu bekommen.

Jetzt ist Xoren an der Reihe. Da er ein böser Cyborg ist, packt er einen Zuschauer und schleudert ihn auf Dekka. Er will einen Vorteil mit Kraft erschaffen. Er hat 4 Erfolgsstufen mehr als Dekka, das würde reichen, um die Oberhand zu gewinnen, aber sie verwendet ihren freien Einsatz von Alle sollten leiden für meinen Schmerz!, um sein Ergebnis um 2 Erfolgsstufen zu verringern. Ihr Spieler erklärt, dass Xoren in seinem rechtschaffenen Zorn seine Aktion unabsichtlich mit seiner Körpersprache angekündigt hat. Die SL ist einverstanden. Xoren bringt den Situationsaspekt Gefährdete Zivilisten mit einem freien Einsatz ins Spiel.

Dekka hat nach wie vor die Oberhand und will sie auch verwenden. Sie schubst den armen Zuschauer zur Seite und springt Xoren mit ihrer Photonenklinge an. Sie greift mit Kämpfen an und schafft ein Großartiges (+4) Ergebnis, er nur ein Gutes (+3). Aber er nutzt aus, dass sie von den Gefährdeten Zivilisten abgelenkt ist und benutzt den freien Einsatz, um sein Ergebnis auf Hervorragend (+5) zu erhöhen. Es fliegen noch ein paar Fate-Punkte hin und her, und am Ende ist Dekka um eine Erfolgsstufe im Vorteil. Da die Duellanten die Variante Kein Stress verwenden, muss Xoren eine leichte Konsequenz einstecken: Schwindendes Selbstbewusstsein.